Montag, 10. November 2008

13.11. "Bioenergie aus Kolumbien. Wie aus Kraftstoff Zündstoff wird" mit Simon Woyte

Bioenergie ist keine Lösung

Vortrag und Diskussion zu den Themen Umwelt und "Dritte Welt" im Bochumer Sozialen Zentrum (Anreise zum Sozialen Zentrum)

Für den 13.11. um 19:00 Uhr laden wir ein, zur einem Vortrag zum Thema Bioenergie aus Kolumbien. "Wie aus Kraftstoff Zündstoff wird" mit Simon Woyte.

Im Anschluss können wir zusammen eine Hördokumentation des Jenaer Internationalen Studierendenkreis (JISK) über die aktuelle Bioenergiedebatte (erstellt 2007) und deren soziale und ökologische Auswirkungen in Kolumbien anhören:
Bioenergie aus Kolumbien. Wie aus Kraftstoff Zündstoff wird

„Es ging viel Zeit ins Land und wir verharrten in Pavarandó. Nach und nach dämmerte es uns, dass die Militäroperation gar nicht der Guerilla gegolten hatte, sondern dass es erhebliche Investitionen von nationalen und internationalen Firmen für Großprojekte auf unserem Land gab. Als wir merkten, dass über Ölpalmplantagen und den Abbau der Bodenschätze auf unserem Land beraten wurde, beschlossen wir zügig zurückzukehren....“(Auszug aus einem Interview von B. Reis mit einer Vertreter der Widerstandsgemeinde vom Jiguamiandó-Fluss in Kolumbien, veröffentlicht in ila, März 2004)



Vom Klimawandel ...
Die Folgen des Klimawandels werden immer greifbarer. Die Pole schmelzen, Naturkatastrophen nehmen zu, Fauna und Flora, und damit letztlich unsere Lebensgrundlage, wandeln sich. Inzwischen ist sich die Weltgemeinschaft einig, dass dieser Prozess gestoppt werden sollte. Und sie ist sich endlich einig, dass wir Menschen den Klimawandel mit verursachen.
Als eine der Ursachen für die Klimaveränderungen gelten die enorm hohen CO²-Emissionen durch fossile Brennstoffe in den hoch industrialisierten Ländern.
Noch zwei weitere Gründe sprechen dafür, in Zukunft stärker auf fossile Rohstoffe zu verzichten und nach Alternativen zu suchen: Ihr Import verursacht unbequeme politische Abhängigkeiten und diese Rohstoffe werden schon innerhalb der nächsten 50 bis 100 Jahre verbraucht sein. Was dann?

... zu Agrotreibstoffen ...
Wie – so die Ausgangsfrage dieser politischen, wirtschaftlichen und ökologischen Erwägungen – ist es möglich den Verbrauch fossiler Brennstoffe zu verringern und möglichst viel CO² einzusparen? Vernünftig wäre ein geringerer Energieverbrauch. Die aktuelle Energiedebatte dreht sich aber zumeist um mögliche Alternativen, also erneuerbare Energiequellen.
Erneuerbare Energien sind entweder „unendlich“ vorhanden, wie Windkraft, Sonnenenergie, Wasserkraft und Erdwärme, oder es handelt sich um nachwachsende Rohstoffe, die sogenannte Bioenergie. Dafür können Kompostabfälle ebenso genutzt werden wie Restholz aus der Forstwirtschaft. Ergänzt wird dieses Angebot durch den gezielten Anbau von Energiepflanzen wie Mais, Raps, Pappeln oder Ölpalmen.
Für den Klimawandel ist es bedeutsam, dass diese Rohstoffe auf den ersten Blick CO²-neutral sind. Durch den Verbrauch wird ebensoviel CO² frei gesetzt, wie diese Pflanzen während des Wachstums gebunden haben. Unberücksichtig bleiben bei dieser Rechnung jedoch Emissionen bei Aussaat, Herstellung, Verarbeitung, Transport …
Der wesentliche Vorteil ist, dass aus Bioenergie sowohl Strom, Wärme und - als einzige erneuerbare Energieform - auch in nennenswertem Umfang Kraftstoff hergestellt werden kann. Da ein Großteil der fossilen Brennstoffe im Verkehr und bei der Stromerzeugung verbrannt werden, könnte dieser Bereich längerfristig durch „Agrotreibstoffe“ ersetzt werden. Bereits seit 2007 werden diese in begrenztem Umfang beigemischt.

... über den Biomasse-Boom ...
Um dem Klimawandel entgegenzuwirken, hat die EU beschlossen, bis 2020 10 % des Kraftstoffbedarfs durch Agrotreibstoffe zu decken. Dies bedeutet aber auch, dass mehr Fläche für deren Anbau zu benötigt wird. Doch schon jetzt ist die EU darauf angewiesen, Agrarprodukte zu importieren, um den Bedarf an Nahrungsmitteln, insbesondere für Viehnahrung zu decken.
Gleichzeitig ist in den „Ländern des Südens“ die Biomasseproduktivität höher und vor allem billiger. Ölpalmen, Soja und Zuckerrohr weisen weit höhere Flächenerträge auf als Raps oder Weizen. Allein schon die Erwartung eines gesteigerten Bedarfs hat daher in diesen Ländern zu einem regelrechten Biomasse-Boom geführt.
In großem Stil versuchen viele Länder, neue Flächen zu erschließen. Kolumbien setzt dabei v. a. auf den Anbau von Ölpalmen.
Schon seit längerem wird Palmöl zur Verarbeitung in Industrieprodukten und vermehrt zur Strom erzeugung in die EU geliefert.

... nach Kolumbien!
In Kolumbien wurden die Anbauflächen für Ölpalmen in den letzten 50 Jahren auf um das 20fache ausgebaut. Bis zum Jahr 2020 soll die Fläche noch einmal um das Fünffache auf 800.000 ha steigen und wäre dann halb so groß wie Thüringen. Dafür werden schon jetzt Tropenwälder zerstört. Bioenergie wird von der Lösung zur Ursache für den Klimawandel.
Doch die gravierenden Probleme entstehen noch an anderer Stelle. Was Kraftstoff für die Einen ist, ist Zündstoff für die Anderen. Die lokale Bevölkerung muß weichen, wenn sie dem gewinnversprechenden Geschäft einiger Weniger im Weg steht. Der Biomasseexport tritt in Konkurrenz mit der Nahrungsmittelproduktion und ihren Produzenten. Ganze Landstriche werden durch das kolumbianische Militär geräumt.
Ist Gewalt nötig, übernehmen dies paramilitärische Gruppen. Die Folgen des Biomasse-Booms sind für viele Menschen tödlich.

Der Import von Biomasse nach Deutschland kann verheerende ökologische und soziale Folgen in Ländern wie Kolumbien haben. Es gilt die globalen Zusammenhänge zu berücksichtigen, wenn wir Lösungen für unsere Probleme suchen.

Auf spannende und zugleich informative Weise lädt die Hördokumentation zu einer Reise zwischen zwei Welten ein: in die technische Debatte um Agrokraftstoffe in Deutschland und in die spannungsgeladenen Tropenwälder Kolumbiens.

Die Hördokumentation ist eine Produktion des Jenaer Internationalen Studierendenkreises (JISK), gefördert durch Eine Welt Netzwerk Thüringen (EWNT) und das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), und wird vom FDCL unterstützt.
Länge: 45 min.
SprecherInnen: Antje Hoppert, Judith Rau, Sebastian Kratz, Jan Walter, Jesús Fernandez
Musik: Claus Hutschenreuther (Akkordeon), Jesús Fernandez (Gitarre)
Manuskript: Simon Woyte, Benjamin Bunk, Annett Siebert
Produktion: Benjamin Bunk, Simon Woyte, Annett Siebert

Idee, Regie und Schnitt: Simon Woyte
Kontakt: simonwoyte[at]googlemail.com

Die Hördokumentation ist erhältlich:
Als Audio-CD (3.-): www.globale-entwicklung.de oder über archiv[at]fdcl.org

oder als freier Download auch beim FDCL hier.

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