Attac-Gruppen aus dem Rhein-Ruhrgebiet und das GegenMachtKultur-Bündnis zeigten Präsenz auf der gegen die Schließung des Nokia-Werks in Bochum gerichteten Demonstration.
Mit Unterstützung aus dem bundeweiten Attac-Netzwerk vertraten sie gegenüber den DemoteilnehrmerInnen und den interessierten Medien die Attac-Forderungen, die Subventionierung von Firmenansiedlungen mit Steuergeldern einzustellen und das Geld lieber für Bildung und öffenliche Dienstleistungen, die allen Menschen zugute kommen, zu verwenden.
Des weiteren fortert Attac, Kapital gesellschaftlicher Kontrolle zu unterwerfen. Schließlich steckt in der Firma Nokia ja nicht nur Geld von AktionärInnen, sondern auch die Arbeitskraft der abhängig Beschäftigten. Warum also soll das Werk nur Nokia gehören und zur freien Verfügung des Managements stehen?
Diskussion eröffnet: Wie das Kapital kontrollieren?
Wie von der taz milde bespöttelt, bei einem sehr diskussionsfreudigen und sehr breit angelegtem Netzwerk mit pluralistischem Anspruch aber nicht anders zu erwarten, bleibt die Frage, wie solche Kontrolle aussehen könnte oder sollte, unbeantwortet. Kein echtes Manko bei einer außerparlamentarischen Organsierung, die keinem Wähler und keiner Wählerin verspricht, die Staatsmacht zu diesem oder jenem Zweck einzusetzen. Sondern als Bewegung Anstösse in das öffentliche Gespräch einbringen will.
Klar bleibt bei den Attacis nur: Ein zurück zum protektionistischen Nationalstaat früherer Tage ist nicht erwünscht. Und während Attac Finnland also propagandistisch auf die im eigenen Zuständigkeitsbereich ansässige Firmenzentralen eindrischt und zum Nokia-Boykott aufruft, sucht Attac in der BRD nach Verbündeten, um eine Werkschließung in Finnland zu verhindern (siehe unten).
Die Demonstration in Bochum am vorgestrigen Dienstag verließen die anwesenden Attacis mit gemischten Gefühlen, wie dem folgenden Demobericht von attac campus Bochum zu entnehmen ist:
Was die Inhalte betrifft, lässt sich festhalten, dass unser Flugblatt das beste war. Jedenfalls besser als alle anderen.
Das Flugblatt der SPD verbreitete hauptsächlich Krafmeiereien, denen zufolge das Verhalten von Nokia nicht hinzunehmen sei und von der SPD bestraft würde. Durch eine Unterschriftensamlung. Das Nokia-Management zittert bestimmt schon. Einem Bericht der taz zufolge scheuten auch die Grünen die Verdammung nicht und forderten fernab geschlechtergerechter Schreibweisen: "Kein Handy von Jobkilern"
MLPD, KPD und Internationale Kommunistische Strömung hatten ihre marxistisch geschulten Köpfe bemüht und nach langer, detaillierter Klassenanalyse - Überraschung! - den Kapitalismus als für die Werksverlagerung verantwortlich ausgemacht. Die Belegschaft wurde dazu aufgerufen, wie auch immer zu kämpfen. Oder ersatzweise erstmal in die richtige Partei einzutreten.
Bitte, bitte, beutet uns aus!
Wir hatten keine Gelegenheit, die Solierklärung der Colleg@s aus Finnland auf der Abschlusskundgebung zu verlesen. Wir hatten nicht die erforderlichen "Drähte" zu den Gewerkschaftsverantwortlichen. Verbündete GewerkschafterInnen, die hätten vermitteln können, erschienen nicht zur Kundgebung. Oder wir haben sie nicht gefunden. Allerdings hätte wohl auch dann wenig Aussicht auf Erfolg bestanden, selbst die PDS hat nicht durchsetzen können, dass Oskar Lafontaine reden durfte. Er musste sich damit Begnügen, als Teil eines „Elferratsg , bestehend aus dutzenden von Grössen aus Politik und Gewerkschaft, die wir bestimmt alle hätten kennen sollen, solidarisch hinter den redenden sichtbar zu sein. Die Moderation vertröstete alle, die gerne etwas auf der Bühne verkündet hätten, auf den weiteren Verlauf der Solidaritätskampagne.
Vor die Wahl gestellt, unsere Flugis zu verteilen oder die Attac-Fahnen für die Kameras vor der Bühne zu zeigen, entschieden wir uns für letzteres. Mit dem Ergebnis, dass z.B. auf Phoenix neben Gewerkschaftsfahnen und KAB nur Parteien (PDS, SPD, Grüne, MLPD) wahrnehmbar waren. Die Veranstaltung wirkte auch aus unserer Wahrnehmung vor Ort ein wenig wie eine Wahlkampfveranstaltung. Immerhin ersparten wir uns durch unsere Entscheidung die Redebeiträge, die hauptsächlich das Verhalten des Nokia-Managements als überzogen gierig, nicht nach Deutschland und Europa passend (sondern in die „3.Weltg?) oder anderweiteitig irgendwie moralisch falsch verurteilten. Der Nokia-Firmenleitung wurde mit Imageschaden und dem geeinten Zorn eines Ruhrgebiets, das keine Parteien mehr kennt, gedroht. Der Phoenix-Übertragung war zu entnehmen, dass mehrere RednerInnen dem Nokia-Management vorwarfen, der Belegschaft nicht weitere Zugeständnisse hinsichtlich Lohn und Arbeitszeit abverlangt zu haben: "Bitte, bitte, bitte, beutet uns aus", ließe sich das wohl zusammenfassen.
Eine erkennbares, organisiertes Auftreten der Nazis war nicht festzustellen. Ärgerlich war die unangefochtene Präsenz der häufig als antisemitische Politsekte bezeichneten "Bürgerrechtsbewegung Solidarität" (BüSo).
Medienresonanz
NTV sagte einen vereinbarten Interviewtermin ab. Die Entwicklung an den Börsen sei als Wirtschaftsnachricht interessanter, die Kundgebung werde nur kurz berücksichtigt. Ein finnische Fernsehteamnicht, Internet-TV , der Campussender Radio CT und der Bürgerfunk erhielten Stellungnahme. Der Pressestelle im Bündesüro sei für das Vertrauen und die Kooperation gedankt.
Fazit
Wir sind die besten oder zumindest die am wenigsten Dummen. Wir müssen gemeinsam mit den Verbündeten aus SZ und Sozialforum unsere Wahrnehmbarkeit im Laufe der weiteren Solikampagne steigern.
Als thematisches Defizit bleibt festzuhalten, dass die Rolle der Zeitarbeitsfirma Randstadt bislang zu wenig befasst wurde. Über diese wurden uns auf der Kundgebung reichlich Beschwerden angetragen.
Attac campus bochum
Während in Deutschland zehntausende Menschen gegen die geplante Schließung des Nokia-Werks in Bochum protestieren, findet in Finnland ein ähnlicher Kampf statt: Der finnische Zellstoff-Konzern Stora Enso will zwei Papierfabriken in Kemijärvi und Summa schließen – obwohl beide satte Profite erwirtschaften. Doch Management und Eigentümer wollen mehr, sie verlangen eine Profitrate von 13 Prozent. Die Folge: Mehr als zehn Prozent der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Kemijärvi-Region droht der Verlust ihrer Arbeitsplätze.
Attac Deutschland erklärt sich solidarisch mit den Arbeiterinnen und Arbeitern der beiden finnischen Papier-Fabriken. Jenseits der ökologischen Problematik der konkreten Fabriken unterstützen wir den Kampf der Beschäftigten für ihre sozialen Rechte.
Wir fordern alle Abgeordneten und Regierungen in der Europäischen Union auf, endlich eine Politik zu beginnen, die mit der Logik des rücksichtslosen Standortwettbewerbs bricht und dem Finanzmarktkapitalismus soziale Schranken setzt. Wir verlangen die Mitbestimmung der Beschäftigten bei Investitionsentscheidungen, soziale Mindeststandards und eine Harmonisierung des Kündigungsschutzes sowie eine einheitliche Besteuerung von Kapital und Unternehmen in der EU.
Ob in Deutschland, Finnland oder anderswo - die Beschäftigten in verschiedenen Ländern dürfen nicht länger gegeneinander ausgespielt werden, der Wettlauf nach unten - das Race to the Bottom - muss endlich gestoppt werden. Dafür gehen wir gemeinsam mit Millionen Frauen und Männern der globalisierungskritischen Bewegung am 26. Januar, dem Globalen Aktionstag des Weltsozialforums, auf die Straße – hier und auf der ganzen Welt. Die Welt ist keine Ware!
siehe:
http://www.attac.de/nokia/pages/solidaritaetserklaerung-attac-deutschland.php
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