Die Vielzahl der aufgelisteten
Aktivitäten des deutschen Militärs sollen häufig der Rekrutierung
von noch Minderjährigen dienen.
Seit einiger Zeit formiert sich
breiterer gesellschaftlicher Widerstand. So haben sich 10 Schulen für
„militärfrei“ erklärt. Auf der jährlich stattfindenen
Berufsbildungsmesse in Bochum gab es Aktionen gegen die
Kriegsdienstwerbung von 14/15-jährigen Kindern für die Kriege einer
weltweiten Interventionsarmee, die von CDU, SPD, Grünen bis zu den
liberalen Parteinen von FDP bis UWG im Bochumer Rat zugelassen
werden. Die Initiative „Schulfrei für die Bundeswehr – Lernen
für den Frieden“ bereitet für Ende dieses Monats eine
Aktionskonferenz vor, die sich gegen „die Kooperationsvereinbarungen“,
wie sie u.a. zwischen den Kultusministerien der Länder und der
Bundeswehr, CDU/CSU und SPD, vereinbart wurden. Unterstützt wird
die Initiative durch mehrere Gewerkschaften und Friedensinitiativen.
Auch „Terres des Hommes“ kritisiert die Propaganda- und
Werbeveranstaltungen der Bundeswehr und fordert den "Stopp jeder
Art von militärischer Werbung und Rekrutierung bei Minderjährigen".
Die Bundeswehrpropaganda – Krieg als
Spiel?
Die für Personalwerbung zuständigen
„Karriereberater“ der Bundeswehr sollen rund
120 gewerbliche Messen und Ausstellungen, 200 Schulen und 140 bei den
Arbeitsagenturen angesiedelte "Jobcenter" respektive
"Berufsinformationszentren" durchführen, die sich meistens
der Rekrutierung Jugendlicher für die deutschen Streitkräfte widmen
dürften. 160 Auftritte der "Jugendoffiziere" der
Bundeswehr sollen sich insbesondere mit der militärpolitischen
Propaganda gegenüber Schülern befassen. Sie bieten unter anderem
"sicherheitspolitische Seminare" im Rahmen des Politik- und
Sozialkundeunterrichts an und organisieren das meist mehrere Tage
dauernde Strategiespiel "POL+IS" ("Politik und
Internationale Sicherheit"). Hierbei werden nicht zuletzt
militärische Gewaltmaßnahmen simuliert - bis hin zur Drohung mit
dem Einsatz von Atomwaffen (german-foreign-policy.com berichtete).
Zugang
zu Schulen ist selbstverständlich?
Die
Verbesserung der Akzeptanz einer Bundeswehr für weltweite Kriege ist
ein Ziel des unlängst geschlossenen Koalitionsvertrages von der
Regierungsparteien CDU/CSU und SPD. Wörtlich heißt es hier: "Die
Jugendoffiziere leisten eine wichtige Arbeit bei der Information über
den Auftrag der Bundeswehr. Wir begrüßen es, wenn möglichst viele
Bildungsinstitutionen von diesem Angebot Gebrauch machen. Der Zugang
der Bundeswehr zu Schulen, Hochschulen, Ausbildungsmessen und
ähnlichen Foren ist für uns selbstverständlich.“(1)
Entsprechend
sollen Schulen und Berufsbildungsmesse für Bundeswehrwerbung frei
verfügbar sein,
um
der Truppe zur global agierenden Interventions- und Besatzungsarmee
Rechnung zu tragen, die ihren Personalbedarf nicht mehr aus
Wehrpflichtigen, sondern Freiwilligen deckt.
Grundlegend hierfür ist wiederum die
Akzeptanz von Militär und militärischer Gewalt bei der Bevölkerung
im Allgemeinen und bei potenziellen Rekruten im Besonderen. Dafür
will die neue Kriegsministerin, Mutter von sieben Kindern, den
„Kriegsdienst familienfreundlicher gestalten“, um die Bundeswehr
“im Kampf um die besten Köpfe“ “zu einem der attraktivsten
Arbeitgeber in Deutschland“ zu machen.(2)
Die Jungoffiziere im bereitwilligen
Gehorsam?
Die „Jungoffiziere“ der
Bundesländer scheint es ebenfalls dringend geboten, die militärische
Propaganda umzusetzen, um die von der Berliner Führung gewünsche
Einstellung bei Schülern zu erzielen. So berichten sie in ihrem
„Jahresbericht“, das "Internationaler Terrorismus oder
Migration" von Jugendlichen "wenn überhaupt, nur abstrakt
wahrgenommen" würden. Als "alarmierend" bezeichnen
sie die "Reaktionen vieler Schülerinnen und Schüler auf die
Vergabe des Friedensnobelpreises an die EU" im Jahr 2012: "Von
Unverständnis bis hin zu Ablehnung und 'Wut' war fast alles
vertreten." Das es sich bei der EU nach ihrer Auffassung um
einen "Stabilitätsanker für Frieden und Sicherheit"handele,
mussten sie der Zielgruppe erst „umfassend vermittel(n)“, heißt
es. Gleichzeitig mussten die „Jungoffiziere“ feststellen, das die
Vielzahl der agitierten Jugendliche das nationale Militärbudget
„generell“ für „zu hoch“ einstuft und das Führen von
Kriegen für den ungehinderten Zugriff auf natürliche Ressourcen
ablehne: "Auch die Verdeutlichung des Zusammenhangs zwischen
wirtschaftlicher Abhängigkeit und notwendigem sicherheitspolitischen
Engagement änderte hieran nichts.“(3)
Schule ohne Militär (4)
Gegen die Bundeswehrpropaganda und
-werbeveranstaltungen formiert sich seit einiger Zeit entschiedener
Widerstand. Zehn Schulen haben sich für „militärfrei“ erklärt
und erteilten jeglicher Zusammenarbeit mit den Streitkräften eine
Absage. Drei dieser Schulen erhielten stellvertretend für das
Bündnis „Schulen ohne Bundeswehr“ im vergangenen Jahr dafür den
„Aachener Friedenspreis“. Es wäre begrüßenswert, wenn sich
weitere Schulen bundesweit diesem Widerstand anschließen.
Entsprechend hat sich auch die
Kinderrechtsorganisation „Terre des Hommes“ posioniert und
fordert gemeinsam mit der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft
(GEW) und der Deutschen Friedensgesellschaft (DFG-VK) ultimativ den
"Stopp jeder Art von militärischer Werbung und Rekrutierung bei
Minderjährigen": "Jedes Jahr erreichen alleine die
Jugendoffiziere und Wehrdienstberater der Bundeswehr rund 300.000 bis
400.000 Schüler, darunter auch Kinder von gerade einmal elf Jahren.
Doch die Werbung für Militäreinsätze widerspricht den Prinzipien
der UN-Kinderrechtskonvention, die auch Deutschland unterschrieben
hat."(5)
In diesem Zusammenhang weisen die
Organisationen Eltern darauf hin, dass diese bei der Schule ihres
Kindes eine „Befreiung" vom „Unterricht mit Beteiligung der
Bundeswehr" aus Gewissensgründen beantragen können. Ebenfalls
können Eltern/Erziehungsberechtige dem Einmeldewohnerämtern die
Weitergabe der Adressdaten ihrer Söhne und Töchter an die Truppe
untersagen, da andernfalls die Kinder im Alter von sechzehn Jahren
automatisch ein "Werbeschreiben für den freiwilligen Dienst in
den Streitkräften" erhielten. (6)
Kooperationsvereinbarungen
Die Kampagne „Schulfrei für die
Bundeswehr - Lernen für den Frieden" plant für das Ende diesen
Monats eine „Aktionskonferenz“ in der baden-württembergischen
Landeshauptstadt Stuttgart. Die Kampagne wird von mehreren
Gewerkschaften und Friedensinitiativen unterstützt.(7)
Bei der Aktionskonferenz stehen im Mittelpunkt: die von
mittlerweile acht Kultusministerien mit den deutschen Streitkräften
geschlossenen "Kooperationsvereinbarungen", die
"Jugendoffizieren" sowohl einen exklusiven Zugang zum
Unterricht als auch eine Beteiligung an der Ausbildung von
Lehramtsanwärtern garantieren . Die Initiatoren der Konferenz
erklären, das man "mit geeigneten Aktionen und mit Nachdruck"
für die "Kündigung" derartiger Verträge sorgen wolle.
(8)
Informationen & Quellen:
(1) Deutschlands Zukunft gestalten. Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD. 18. Legislaturperiode. Berlin 2013.
(2) Ralf Feldmann: "Die Werbung fürs Sterben geht Weiter - Grenzwert der Wahrheit und Menschenwürde", bo-alternativ, 13.01.2013
(3) Bundesministerium der Verteidigung - Presse- und Informationsstab:
Jahresbericht der Jugendoffiziere der Bundeswehr 2012. Berlin
13.05.2013.
(5) Die Bundeswehr wirbt um Kinder; www.tdh.de.
(6) Bundeswehr an Schulen: Was können Sie tun? www.tdh.de.
(8) Siehe dazu German Foreign Policy: Migranten an die Front, Bundeswehr, jugendgerecht und Militärfreie Bildung
(9) Kein Werben fürs Sterben
(9) Kein Werben fürs Sterben
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