Freitag, 20. Juni 2008

Katakombensozialismus - Der SDS an den westdeutschen Hochschulen vor „68“

Bericht der Veranstaltung


Auf Einladung der Bochumer Hochschulgruppe des globalisierungskritischen Netzwerks Attac referierte der Düsseldorfer Historiker Torsten Koska in den Räumlichkeiten der evangelischen StudentInnengemeinde Bochum über einen bislang in der Befassung mit dem 40. Jahrestag der „Studentenrevolte 1968“ wenig beachteten Aspekt: Die völlige Marginalisierung linker Positionen an westdeutschen Hochschulen und in der Gesamtgesellschaft bis Mitte der 60er Jahre. Entsprechend legte er den Schwerpunkt weniger auf die vom SDS vertretenen Positionen als vielmehr auf sein Selbstverständnis und die Aktionsformen, die es dem SDS ermöglichten, Kern einer relevanten Bewegung zu werden.
Die Veranstaltung wurde unterstützt von der Rosa Luxemburg Stiftung NRW.

Einleitend gab Torsten Koska, selbst langjähriger Aktivist im AStA der Düsseldorfer Heinrich-Heine-Universität, einen Einblick in die Entstehung des Sozialistischen Deutschen Studentenbundes (SDS).


Der Bruch mit der SPD

Die SPD schuf sich 1946 durch Beschluss des Parteivorstands als erste Partei einen eigenen StudentInnenverband. Der neugegründete SDS war zwar „breit angelegt“ und stand auch StudentInnen, die sich links von der SPD verorteten, offen, doch verstanden sich die meisten Mitglieder als SozialdemokratInnen. Bereits 1947 erklärte der SDS die Mitgliedschaft in seinen Reihen mit der in der Kommunistischen Partei (KPD) für unvereinbar. Im Jahre 1952 erteilten programmatische Verbandsbeschlüsse marxistischen Begrifflichkeiten eine Absage. Vor dem Hintergrund der Entstehung neuer marxistischer Strömungen („ Neue Linke“) in Frankreich und Großbritannien nahmen jedoch auch die Spannungen zwischen dem SDS und seiner Mutterpartei zu. Die SPD begann, parallel zum SDS einen weiteren StudentInnenverband, den Sozialdemokratischen Hochschulbund (SHB) aufzubauen und nahm schließlich vereinzelte Treffen des SDS mit VertreterInnen der Freien Deutschen Jugend (FDJ) zum Anlass, um die Mitgliedschaft im SDS aufgrund angeblicher kommunistischer Unterwanderung für nicht Vereinbar mit der Mitgliedschaft in der SPD zu erklären. Auch die Mitglieder des SDS-Fördervereins Sozialistische Fördergesellschaft waren von dem Beschluss betroffen. Der Marburger Politologe Wolfgang Abendroth war wohl der prominenteste der aus der SPD ausgeschlossenen Mitgliedern der Fördergesellschaft.


Bedingungen des Aufbruchs

Anfang der 60er Jahre schien das politische Gefüge der BRD für die Ewigkeit alternativlos: Seit die SPD mit ihrem Godesberger Programm die „soziale Marktwirtschaft“ als Ziel angenommen hatte und die KPD verboten worden war, schien klar, dass die Kombination aus Nationalismus und Westorientierung die 60er Jahre bestimmen würde. Offen schien allein die Frage, wie die NS-Vergangenheit in diese Kombination eingefügt werden könnte; durch „Aufarbeitung“ oder durch einen „Schlussstrich“. Des weiteren bestand offensichtlich Handlungsbedarf im Bereich des Bildungswesens und der Hochschulen. Die entgegen alliierter Anregungen und ungeachtet ihrer Rolle im NS nach wilhelminischem Modell restaurierten Hochschulstrukturen scheiterten gerade an den Aufgaben Reform und Bildungsexpansion. In den StudentInnenschaften dominierten nach wie vor traditionelle Studentenverbindungen.


Strategien des SDS

Die Verstoßung von Seiten der Mutterpartei erwies sich für den SDS als Glück, er ermöglichte die Strategien, welche ihn im Verlauf der 60er zum Kern einer Bewegung machten.
Zum einen ermöglichte er eine aktive Bündnispolitik. Mit den Studierendenverbänden der FDP (Liberale Studenten Deutschlands, LSD) und der Humanistischen Union und selbst dem eigenen Nachfolger als SPD-StudentInnenverband SHB wurde vertraglich vereinbart, gemeinsame Materialien herauszugeben und gemeinsam zu StudentInnenschaftswahlen anzutreten. Im Dezember 1964 erreichte ein solches Bündnis erstmals eine Mehrheit bei den StudentInnenschaftswahlen an der Freien Universität Berlin. Die entfallenen finanziellen Zuwendungen und Anbindung an die traditionelle ArbeiterInnenbewegung ließen sich durch Bündnisse mit DGB-Gewerkschaften, allen voran die Industriegewerkschaften Metall und Chemie kompensieren. Insbesondere Aktive in den unteren Stufen der Gewerkschaftshierarchie („an der Basis“, T. Koska) hatten Interesse an solchen Bündnissen. Der gegenseitige Nutzen ergab sich dabei, vereinfacht gesagt, aus dem Tausch Wissen gegen Material bzw. Ressourcen. An der Spitze der Gewerkschaftshierarchien arbeiteten der SDS und seine verbündeten StudentInnenverbände gemeinsam mit Professoren (Professorinnen?) gegen 'Aufrüstung und Notstandsgesetze.


Erfolgreiche Interventionen

Um Wissen gegen Support eintauschen zu können, musste natürlich erst einmal Wissen erworben werden. Der SDS verstand sich selbst als Bildungsbewegung, der keine Praxis ohne Nachdenken zulassen wollte. In der Praxis bedeutete dies wenig spektakulär, in Seminaren und Arbeitskreisen sowie in der zweimonatlich erscheinenden Verbandszeitschrift Neue Kritik zu lesen, zu schreiben und zu diskutieren. Diese Debatten führten nie zu einem kohärenten Programm, erwiesen sich aber – dessen ungeachtet oder gerade deswegen? - als fruchtbar. Mindestens zwei mal gelang es dem SDS, erfolgreich in das öffentliche Gespräch einzugreifen:
Anfang der sechziger Jahre, von 1959-1962 informierte eine von SDS auf Grundlage eigener Archivrecherchen in Berlin (Hauptstadt der DDR) erstellte Wanderausstellung über „Ungesühnte NS-Justiz“. Nicht nur die über Jahre andauernde Nachfrage belegt dabei das öffentliche Interesse an der Ausstellung sondern auch der Umstand, dass der GBA Kontakt zu den AusstellungsmacherInnen aufnahm.
Mitte der 60er Jahre gelang es dem SDS, mit der Broschüre „Hochschule in der Demokratie“ ein Konzept für die Reform des Hochschulwesens vorzulegen, dass in mehrfacher Hinsicht (Studienfinanzierung, Hochschulstruktur) von den regierenden Parteien aufgegriffen wurde


Schwachpunkte

In der zweiten Hälfte der sechziger Jahre nahm die verbandsinterne Kritik an den beschriebenen Strategien zu. Die ständig stärker werdende antiautoritäre SDS-Strömung sah in der Bündnispolitik vor allem eine Einschränkung von Spielräumen, zumal die Bündnisse in der Regel von den jeweiligen Verbandsspitzen vereinbart wurden. Ab 1976 setzte diese Strömung sich durch, in der Folge wurden Aktionen wichtiger als Reflexionen. Ungeachtet des daraus zunehmenden Medieninteresses und anhaltender Wahlerfolge in den StudentInnenschaften zerfiel der SDS.


Was lernt uns das?

In der Anschließenden Diskussion gelangten die TeilnehmerInnen zu der Auffassung, dass gerade der Bruch mit der Mutterpartei dem SDS die Spielräume in Bezug auf Bündnispolitik und Meinungsbildung eröffneten, welche die späteren Erfolge des Verbandes ermöglichten.

Als Lücke wurde von den TeilnehmerInnen die bislang fehlende Befassung mit den Verbündeten des SDS erkannt. Über die Humanistische Union an den westdeutschen Hochschulen oder die Prozesse in der - immerhin FDP-nahen - StudentInnenorganisation LSD sowie in den Gewerkschaften, welche das Bündnis mit dem SDS ermöglichten, war ihnen zu wenig bekannt. Susanne Schäfer von der Bochumer attac-Campusgruppe und Vertreterin des Attac-Netzwerks im Aktionsbündnis gegen Studiengebühren (ABS) wies darauf hin, dass gerade die Hochschulgruppen des Attac-Netzwerks geeignet seien, sich die Stärken des historischen SDS zu eigen zu machen: „Attac-Campusgruppen sind bündnisfähig und parteiunabhängig. Und je mehr studentische Protestkomittees und Boykottinitiativen das Protestieren gegen Studiengebühren übernehmen kann das Attac-Netzwerk auch an den Hochschulen seinem Anspruch gerecht werden, auch Bildungsbewegung zu sein.“


Vergleich SDS – Die Linke.SDS

Ergänzend berichtete ein Teilnehmer von den Eindrücken, die er auf einem Kongress des neugegründeten, der Partei „Die Linke“ nahestehenden StudentInnenverbandes „Die Linke.SDS“ gesammelt hatte. Auch dem „neuen“ SDS sei Bündnispolitik sehr wichtig, was allerdings auf dem Kongress in erster Linie dadurch zum Ausdruck gekommen sei, dass verbündete Organisationen auf dem Kongress eigene Veranstaltungen für eigene Leute durchgeführt hätten. Auch Initiativen des neuen SDS, die sich unter die Stichworte Aufklärung/Selbstaufklärung zusammenfassen ließen, seien auf dem Kongress zu beobachten gewesen: Der neue SDS habe beschlossen, mit Hilfe eigens auszubildender TutorInnen zweisemestrige Kurse zur Lektüre des „Kapital“ von Karl Marx durchzuführen. Dies stieß auf skeptische Nachfragen. Ob es da nicht neuere Texte gebe? Torsten Koska steuerte zu der Diskussion unter anderem den Hinweis bei, dass es dem historischen SDS nie gelungen ist, zentral geplante Schulungsprogramme zu erstellen. Entsprechende Anläufe endeten stets ohne Einigung im Streit. Für Erheiterung sorgte die Schablonenhaftigkeit, mit der Teile des neuen SDS dem untergegangenen Namenspatron nacheifern wollten: Auch der neue SDS müsse rasch eine Förderungsgesellschaft gründen, um für den Fall eines Ausschluss aus der Mutterpartei gewappnet zu sein, wurde in Redebeiträgen gefordert.


Abschließend gilt der Dank der VeranstalterInnen neben Torsten Koska der Bochumer ESG für die diskussionsfördernden Räumlichkeiten und der Rosa-Luxemburg-Stiftung NRW für die finanzielle, organisatorische und inhaltliche Unterstützung. „Die NRW-RLS hat sich als Forum für Austausch und Kooperation von parteinahen und ausserparlamentarischen AktivistInnen bewährt und gibt zu großen Hoffnungen Anlaß“, so Susanne Schäfer von attac campus bochum.

Dienstag, 10. Juni 2008

DRUM beats Detroit

Veranstaltungshinweis

Fabrikrevolte ´68: Eine Montage aus Texten, Musik und dem Film Finally got the News (OmU)

Detroit 1968: In der Hauptstadt der Automobilindustrie fordert eine antiautoritäre Fabrikrevolte das Establishment heraus. Mit wilden Streiks und Fließbandsabotage wehren sich vor Allem junge schwarze ArbeiterInnen gegen Arbeitshetze und Rassismus. Finally got the News ist der Film, den Beteiligte im Anschluß an die Revolte gedreht haben.
Endlich haben wir´s verstanden dokumentiert aber auch eine politische Klarstellung: Der Pazifismus der Bürgerrechtsbewegung ist am Ende, die Gewerkschaft nicht Teil der Lösung, sondern des Problems, und gegen Sozialpartnerschaft hilft nur Black Power.


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Schwarze Solidarität, verfallene Eleganz, Techno: Detroit 68 - 80


DRUM Beats Detroit
Eine Montage aus Texten, Musik und dem Film
Finally Got the News (OmU)

Wann: Mi., 11.6.2008, 20 Uhr, Köln
Wo: Raketenclub, Weidengasse 21, Hinterhaus

Freitag, 6. Juni 2008

Katakombensozialismus – Die Linke an den Hochschulen vor „68“

In Kooperation der RLS NRW mit attac campus bochum presents Vortrag und Diskussion mit Thorsten Koska "Katakombensozialismus - Die Linke an den Hochschulen vor "68"" am 10.06.2008 um 19.30 im Club der Evangelische StudentInnengemeinde, Kirchenforum an der Ruhr-Uni Bochum.

Seit Beginn des 19. Jahrhunderts waren die Studenten und später auch StudentInnen an deutschen Hochschulen strikt nationalistisch ausgerichtet. Das brachte sie kurzfristig in Konflikt mit den „Landesherren“ der deutschen Kleinstaaten und in die Nähe demokratischer Ideen. Spätestens mit Gründung des Kaiserreichs entfiel jedoch jede Distanz zu autoritären, antisemitischen und „völkischen“ Positionen.

Erst im Zuge der Umbrüche, die unter dem Kürzel „68“ diskutiert werden, gelang es linksgerichteten StudentInnenverbänden, die Lufthoheit der Rechten und extremen Rechten an den Hochschulen zu brechen. Unter den Verbänden, die diesen Durchbruch erzielen konnten, ist der „Sozialistische Deutsche Studentenbund“ (SDS) bis heute der bekannteste.

Wie gelang es dem SDS, diesen Umbruch vorzubereiten? Unter welchen Bedingungen begann er seine Aktivitäten? Welchen Widerständen sah er sich gegenüber und von welche Verbündeten standen ihm Dabei zur Seite?

weitere Infos: http://AG68.rls-nrw.de

Für ein Kulturzentrum in Wattenscheid

Kulturhauptstadt Wattenscheid
Die Aktionsgemeinschaft Kulturzentrum Wattenscheid ruft auf: “Konzerte, Partys, Musik, Kino, Kultur? Ja! Aber nicht in Wattenscheid? Doch, wenn wir erfolgreich sind!!! Wattenscheid soll leben, bevor wir verkümmern müssen. Aus diesem Grund setzen wir uns seit Mai 2007 für ein Kulturzentrum in unserem dahinvegitierenden Wattenscheid ein! Oliver Geissen und Barbara Salesch sollen nicht weiter unseren Tagesablauf bestimmen und talk talk talk mit Sonja Kraus nicht das Highlight unserer Woche bleiben. Hättet auch ihr gerne Räumlichkeiten, in denen ihr nicht gezwungen werdet, euch jede halbe Stunde ‘ne Coke für 2 Euro zu bestellen, um bleiben zu dürfen und euch mit euren Freunden zu treffen? Hättet ihr nicht Lust Musik, Theater, wonach euch auch immer ist, zu machen? Oder vielleicht eine Videogruppe zu gründen? Dann kommt zu unseren Kundgebungen auf dem Alten Markt am Samstag, dem 7. Juni ab 15 Uhr mit den Bands “Molotov Coctails” und “Sozialabgabe”, um den Verantwortlichen der Stadt Bochum zu zeigen, dass ein Kulturzentrum bei uns in Wattenscheid von vielen Menschen gewünscht und dringend benötigt wird. Kommt alle!! Lustig wird es auf jeden Fall.”

Donnerstag, 5. Juni 2008

Radio- und TV-Tipp zu 1968

TV - Tipp: Planet Wissen Die 68er im WDR am Montag, den 09. Juni 2008, 15.00 - 16.00 Uhr

Die Revolution ist machbar, Herr Nachbar!

Mythos "68er" - die Revolution feiert ihren 40sten Geburtstag. Das Jahr 1968 gilt als Chiffre für die heftigsten Studentenproteste weltweit, speziell in der Bundesrepublik. Und protestiert wurde viel: Gegen den Krieg in Vietnam, die schweigende Elterngeneration mit ihrer Nazivergangenheit; gegen den Muff und Mief der Ära Adenauer. [mehr]


Am Montag, den 9.06.2008 um 23:30 Uhr zeigt WDR-dok Politische Morde - Ende eines amerikanischen Traumes

Das Attentat auf Robert F. Kennedy

Eine Hitzewelle trifft Juan im Gesicht, als er dem Sieger der demokratischen Primary Wahlen von Kalifornien, Robert Francis Kennedy, gerade die Hand schüttelt. Kennedy fällt in der Küche des berühmten Ambassador Hotels in Los Angeles zu Boden. [mehr]


Dienstag, den 10.06.2008 zeigt WDR-dok Politische Morde - Tod in Memphis um 0:15 Uhr

Martin Luther King, US-amerikanischer Bürgerrechtler und Baptistenpfarrer; Rechte WDR/dpa

Der rätselhafte Mord an Martin Luther King

Der Schuss fiel am 4. April 1968 und traf sein Opfer auf dem Balkon des Lorraine Hotels in Memphis tödlich: Martin Luther King. Das Attentat war - nach der Erschießung Kennedys - der am meisten umstrittene und politisch folgenschwerste Mordfall in der jüngeren amerikanischen Geschichte. [mehr]


Radio-Tipp: Das Jahr 1968 am Sonntag, den 8. Juni um 19.00 - 19.30 Uhr im Radio Bremen

Das Jahr 1968 IV. Mit dem legendären Konzert von Frank Zappa´s Mothers of Invention rundet Vinyl die 68er Retrospektive ab. Mit: The Hollies und Sandie Shaw. Gast ist wieder der Journalist Christian Berg.
Vinyl - RockPopgeschichte(n)


Radio-Tipp: Das Jahr 1968 - Teil 2 am Mittwoch, den 11. Juni 2008 um 17.15 - 17.45 Uhr im Radio Bremen

Zu Gast ist diesmal der Schriftsteller Michael Augustin, der 1968 in Lübeck eine Schülerzeitung betrieb. Er erzählt davon, wie die Provinz die Jugendrebellion auslebte. In Orginalausschnitten aus dem Beat-Club von Radio Bremen wird dokumentiert, dass die Jugendszene nicht nur links und rebellisch war, sondern durchaus angepasst… Wiederholungen: Mittwoch, 11. Juni, 21.45 - 22.15 Uhr, Donnerstag, 12. Juni, 0.00 - 0.30 Uhr und 03.30 - 4.00 Uhr | Eins Festival.
http://www.radiobremen.de/magazin/geschichte/bremen/68er/demos.html


Woodstock war fast überall: Jugendkultur im Deutschland der 60er Jahre am 21.06.2008, um 9:05 Uhr auf SR 2 Kulturradio

Feature von Meinhard Stark

Es ist das Jahrzehnt zwischen den ersten Konzerten der Beatles im Hamburger Star-Club und dem legendären Woodstock-Konzert von 1969. Beat- und Rockmusik setzen sich bei der Jugend in West wie Ost durch; auch gegen den Willen der älteren Generation oder, wie in der DDR, den der Regierung. Am Ende dieser Zeit erlebt man eine Jugend, die lange Haare, Jeans oder Minirock trägt, Spaß am Rock und Beat hat und sich in Teilen für gesellschaftliche Veränderungen engagiert. Offen in der Bundesrepublik, klandestin in der DDR. Viele erlebten die 60er Jahre als Zeit des kulturellen Aufbruchs und des politischen Erwachens. Verschiedene Protagonisten erzählen von ihren Erfahrungen und Konflikten. Sie berichten vom Lebensgefühl junger Menschen und von der Alltagskultur jener Jahre.
Produktion: Rundfunk Berlin-Brandenburg/Deutschlandfunk/Radio Bremen 2008
http://www.sr-online.de/programm/index.jsp?dir=17


1968 - Von "Ho-Ho-Ho-Chi-Minh" bis "Zur Sache Schätzchen"am 29.06.2008 um 18:05 Uhr im HR 2

Ein Feature von Dorothee Meyer-Kahrweg

Junge Frauen Ende der 60er (Bild:  picture-alliance/dpa)
Junge Frauen Ende der 60er
Das Jahr 1968 ist zum Synonym geworden für eine ganze Generation. Die Wirtschaftswunderzeit verliert ihren Glanz für viele Jugendliche, die neue Lebensformen jenseits des Karrierestrebens suchen und mehr Mitbestimmung an den Schulen und Hochschulen fordern.
Es ist ein Jahr des Protests und der gesellschaftlichen Umwälzung. Doch gleichzeitig wird mit Heintjes „Mama“ die heile Welt beschworen, und das „Lenor-Gewissen“ plagt die meisten Menschen mehr als die Erinnerung an die NS-Zeit. In diesem Feature wird es mit vielen Originaltönen aus Politik, Gesellschaft, Werbung und Schlagern lebendig.


Mediathek des ZDF "68er": ZDF.de - History
Die 68er Bewegung in Bremen: http://www.radiobremen.de/magazin/geschichte/bremen/68er/demos.html
Frankfurt 1968 - Ein Stadtrundgang nach 40 Jahren: [mehr]
Frankfurt 1968


1968 an der Uni Wien

Das Jahr 1968 steht wie kaum in anderes für das weltweite, zumeist friedvolle Aufbegehren gegen gesellschaftliche Zwänge und für die Freiheit. In Österreich war 1968 weniger revolutionär und intensiv. Eine Aktion an der Universität Wien stellt das größte "revolutionäre Aufbegehren" dar. Im Dossier "1968" kommen UniversitätsmitarbeiterInnen und ZeitzeugInnen zu Wort: Sie berichten über ihre Erfahrungen und ziehen Resümee.



Dossier 1968 in der Schweiz: Dossier «Das war 1968: Die Politik, Gesellschaft und Kultur eines bewegten Jahres»




Prozessbeobachtungsgruppe Rostock: Die Beobachtungen aus den G8

Verfahren bestätigen: Repression gegen G8 GegnerInnen ist willkürlich.

Pressemitteilung von gipfelsoli am 5.6.08

Nur knapp 3 % der Ermittlungsverfahren hielten juristischer Überprüfung stand.

Ein Jahr nach dem G8 Gipfel in Heiligendamm geht die Prozessbeobachtungsgruppe Rostock mit einer ersten vorläufigen Zusammenfassung der Repression gegen G8-Gegner an die Öffentlichkeit. Dabei bleibt festzustellen. „Es war mit gut 1000 Ingewahrsamnahmen, nahezu ebensovielen Platzverweisen, ca. 1600 Ermittlungsverfahren gegen zumeist nachweislich unschuldige G8-Gegner ein Gipfel der Superlative, was Repression, Polizei und Justizwillkür angeht“, so Dieter Rahmann von der Prozessbeobachtungsgruppe. Dass nur deutlich unter 3 % der eingeleiteten Ermittlungsverfahren einer juristischen Überprüfung vor Gericht standhielten und zu einer Verurteilung führten, belegt einmal mehr die Willkür des polizeilichen Ermittlungsapparates. Dass unter diesen 3 % allerdings auch solche Verurteilungen zu finden sind, wie Bewaffnung mit Kleinstschutzbrillen, usw. zeugt davon, dass es unter den Rostocker RichterInnen genügende gibt, die die Vorgaben der Staatsanwaltschaft vorbehaltlos übernehmen.

Dass aber ganz viele Verfahren auch nicht zu Verurteilungen führten, erklärt sich die Rostocker Antirepressionsgruppe mit dem öffentlichen Interesse an vielen Prozessen. Die z. T. sehr dilettantischen Ermittlungen der Polizei( protokollierende Beamte wurden als Zeugen aufgewertet, Beweismittel sind mehrfach verschwunden, plastikumwickelte Eddings wurden als Brandsätze in den Ermittlungsakten aufgeführt.) ließen den Richtern aufgrund öffentlichen Drucks nur noch den galanten Ausweg, das Verfahren einzustellen. „Wohl selten hat es ein politisches Großereignis gegeben, bei dem dermaßen viele Ermittlungsverfahren eingestellt wurden, was natürlich trotzdem bei den Betroffenen Kosten und Nerv bedeutet.“

Im Schatten der Strafprozesse stehen die unzähligen Verfahren vor dem Verwaltungsgericht um Platzverweise und Freiheitsentziehungen. Bislang sind fast alle Platzverweise, die von den Betroffenen angefochten wurden, von den Verwaltungsgerichten für rechtswidrig erklärt worden. Bei den Freiheitsentziehungen sieht es ähnlich aus. Nur die sehr geringe Anzahl von Freiheitsentziehungen, bei denen der Vorwurf des Landfriedensbruchs im Raum stand, wurden vom Gericht bestätigt. Nahezu alle anderen haben die Gerichte für illegal erklärt. Darunter sind zum Beispiel solche Fälle, dass schwarz gekleidete Personen, die im Raum Rostock mit einer Sonnen- oder Schwimmbrille oder einem Tuch, Handschuhen oder einer Regenhose etc. angetroffen wurden, für mehrere Tage in Polizeikäfigen eingesperrt wurden.

Erst jetzt – 1 Jahr nach dieser Polizeirepression – werden die Verfehlungen der Polizei Thema vor den Gerichten. Generell lässt sich feststellen, dass mehrere Anzeigen gegen Polizeibeamte von der Generalstaatsanwaltschaft ohne gewissenhafte Prüfung eingestellt wurden. Pauschale Begründung ist ein übergesetzlicher Notstand, der offensichtlich ein polizeiliches Handeln außerhalb gesetzlicher Normen erlaubt. Die Staatsanwaltschaft findet z. B. nichts Kritikwürdiges an der Festnahmepraxis von Polizisten einer Berliner Einsatzhundertschaft, den Festzunehmenden zu „beruhigen“, indem man ihm einen Faustschlag ins Gesicht verpaßt. Von den knapp hundert Anzeigen gegen Polizisten sind die meisten inzwischen mit ähnlich hanebüchenen Begründungen eingestellt worden. Bei anderen, wie z.B. bei der Wasserwerferbesatzung, die einem Demonstranten ein Auge verletzte, wird das Verfahren verschleppt.

Es werden neben der Anzeige gegen Polizisten einige sog. Fortsetzungsfeststellungsverfahren geführt, bei denen nicht ein eventuell strafbares Handeln einzelner Polizeibeamter überprüft, sondern die Rechtswidrigkeit des Polizeieinsatzes festgestellt werden soll. Meist geht es dabei um Freiheitsberaubung, die Unterbringung in Käfigen, sexuelle Demütigungen im Gewahrsam oder um Verlängerung des Gefängnisaufenthaltes, obwohl Richter die Freilassung verfügten usw. Diese Verfahren werden allerdings nach Auffassung der Prozessbeobachtunggruppe Rostock nicht ernsthaft angegangen. Zum Teil wird den Anwälten erst nach Monaten Akteneinsicht gewährt.

Die Repression vor, während und nach dem G8, die zugrunde liegenden Polizeistrategien, deren Weiterentwicklung und die Anzahl und Bewertung der Gerichtsverfahren werden Thema während einer Veranstaltung der Roten Hilfe Rostock am 7 Juni um 20 Uhr in der Petri Kirche Rostock sein, zu der Sie hiermit auch eingeladen sind.


ANHANG (Statistisches Basismaterial im Einzelnen)

Strafverfahren gegen G8 GegnerInnen:

Von den ca.1600 Ermittlungsverfahren waren Ende Mai gut 1496 bei der Staatsanwaltschaft Rostock angesiedelt, 48 davon befinden sich noch im Ermittlungsstadium. Von den mit Stand vom 15.11. eingestellten 1086 Verfahren sind 773 Verfahren eingestellt worden, weil Straftatbestände schlicht ausgedacht wurden, ohne Beweise dafür zu haben, lediglich 158 wegen geringer Schuld oder zu aufwändigen Ermittlungen, nur 21 Einstellungen wurden gegen Auflagen eingestellt. 65 Verfahren wurden von anderen Staatsanwaltschaften bearbeitet. Bis jetzt hatte es lt. Staatsanwaltschaft 176 gerichtshängige Verfahren gegeben, die in 84 Fällen zu einem Urteil führten. Daraus ergibt sich daraus eine Urteilsrate von ca 5 %.

Nach unseren eigenen Recherchen sind uns 61 Verfahren zum G8 vor den Amtsgerichten bekannt geworden, davon sind 23 durch Urteile und 16 durch Beschlüsse abgeschlossen worden, weitere 6 uns bekannte Verfahren laufen noch vor den Amtsgerichten, 3 Verfahren befinden sich in der Berufungsinstanz. Von 13 weiteren ehemals gerichtshängigen Verfahren wissen wir nichts. Von den 23 Urteilen waren 9 Haftstrafen zumeist auf Bewährung, ausnahmslos wegen schweren Landfriedensbruch. Es gab 4 Geldstrafen, eine wegen Beleidigung, eine wegen Verstosses gegen das Schutzwaffenverbot auf Demonstrationen, eine wegen Körperverletzung und eine wegen Landfriedensbruchs. Allerdings gab es auch 10 Freisprüche, und zwar vom Vorwurf der Vermummung(2), dem Schutzwaffenverbot(Beissschiene)(1), der Körperverletzung(1), des Hausfriedensbruchs(5) und der Nötigung(1)(in dessen Folgen 100 weitere Verfahren eingestellt werden mußten). Von den 32 Verfahrenseinstellungen fanden 16 vor Gericht und 16 im vorprozessualen gerichtlichen Schriftverkehr statt. Hauptsächlich wurden Verfahren eingestellt wegen Vermummung (8), Schtzwaffenverbot(6) und gefährlichem Eingriff in den Straßenverkehr (8). Obwohl wir uns um Auskunft bei Gerichten bemüht haben, wissen wir von vielen Prozessen nichts. Insbesondere sind dies „kleine Verfahren“, wie z. B. Bußgeldverfahren über 50 Euro, gegen den vermutlich noch nicht mal Einspruch eingelegt wird, weil die Prozesskosten viel höher wären.

Diese tauchen in unserer Statistik daher nur in sehr geringem Umfang auf. Trotzdem können wir aus den uns bekannten Gerichtsverfahren durchaus Plausibilitäts-rückschlüsse ableiten. Wenn man z. B. die Quote von 13 Verurteilungen bezogen auf 23 Urteile zugrunde legt, käme man bei der gleichen Quote bei 84 Verfahren auf ca. 47 Verurteilungen. Bei einer Gesamtzahl von 1600 bei der Staatsanwaltschaft anhängigen Verfahren wäre dieses eine Verurteilungsquote von unter 3 . Unter diesen 3 befinden sich aber nicht nur die sog „harten Gewalttäter“ sondern z. B. auch Verurteilungen wegen Mitsichführens von Sonnenbrillen, Handschuhen und Halstüchern, fernab von jeder Demonstration. Wenn die Staatsanwaltschaft lediglich von 84 Verurteilungen spricht, und nicht davon, welche Straftat dem zugrunde liegt, entwirft dieses ein sehr ungenaues Bild von der Anzahl der angeblich „harten Straftäter“. Immerhin gibt die sehr geringe Zahl tatsächlicher Verurteilungen einen deutlichen Hinweis darauf, daß die meisten Verfahren nicht geführt wurden, um Menschen zu verurteilen, sondern um einzuschüchtern und polizeiliche Masseningewahrsamnahmen zu rechtfertigen.


Freiheitsentziehungsverfahren

Von den gut 1000 Freiheitsentziehungen waren laut Auskunft des Amtsgerichtes Rostock in der Protestwoche 586 Gegenstand eines gerichtlichen Überprüfungsverfahrens. Lediglich 158 von der Polizei gestellte Anträge auf Gewahrsamsverlängerung wurden angenommen. Die übrigen Anträge wurden entweder abgelehnt(163) oder aber von der Polizei binnen kurzem wieder zurückgenommen(273), als sich abzeichnete, daß diese vor Gericht nicht standhalten würden. Gegen 102 der genehmigten Gewahrsamsverlängerungen wurden Beschwerden beim Landgericht eingelegt, 45 mal wurden die Gefangenen aufgrund eines folgenden Gerichtsbeschlusses entlassen, lediglich 15 mal wurde der Gewahrsam bestätigt. Von den 1000 Ingewahrsamnahmen sind es also tatsächlich gerade mal 7 %, die überhaupt eine überprüfte Rechtsgrundlage hatten.

Da viele Gefangene schon vor der Entscheidung über Entlassungsanträge freigelassen wurden, sind diese Anträge inzwischen zu Fortsetzungsfeststellungsklagen umgewandelt worden. Nach unserer Recherche sind inzwischen ein gutes Duzend solcher Fortsetzungsfeststellungsklagen anhängig, zumeist aus dem Fall der polizeilichem Massenfestnahme von 191 Personen am 7.6 im Wald von Wichmannsdorf.


Platzverweise

Von 11 uns bekannten Verfahren bezüglich der Platzverweise wurde bei 4 Verfahren die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs hergestellt. 2 Verfahren befinden sich in der Klage gegen die Polizei, bei den restlichen 5 Verfahren hat die Polizei die Rechtswidrigkeit der Platzverweise anerkannt, damit bleibt die Polizei auch auf den Verfahrenskosten dafür hängen.

Gerade bei Platzverweisen und Freiheitsentziehungen kann man auf ganzer Linie von einem totalen Mißbrauch dieser Instrumente durch die Polizei sprechen. Lediglich in ganz wenigen Fällen, bei denen Personen wegen schwerer Vorwürfen, wie z. B. Landfriedensbruch in Haft genommen wurden, sind die Ingewahrsamnahmen durch Gerichtsbeschluß bestätigt worden.

Eigene Strafanzeigen gegen einzelne Polizeibeamte Die meisten der ca. 100 gestellten Anzeigen sind bisher eingestellt worden.

Es laufen noch:

1 Anzeige wegen Körper(Augen)verletzung durch eine Wasserwerfereinheit
2 Anzeigen wegen Freiheitsberaubung, weil Gefangene trotz richterlicher Freilassungsanordnung länger eingesperrt blieben
1 Anzeige wegen Körperverletzung einer Journalistin
1 Anzeige wegen zu langer Haft, da der Verhaftete vor Gericht freigesprochen wurde
7 Anzeigen wegen Unterschlagung (von sichergestellten Sachen)
1 Anzeige wegen Körperverletzung und Freiheitsberaubung im Zuge einer Personenkontrolle in Vorderbollhagen
1 Strafanzeige wegen Mißhandlung

Fortsetzungsfeststellungsklagen auf Feststellung der Rechtswidrigkeit von Polizeieinsätzen Fortsetzungsfeststellungsklagen richten sich gegen
* Beschlagnahme von Geld (Polizisten eignen sich 50 Euro von einem Demonstranten an)
* von der Einbehaltung von Funkgeräten des Campschutzes Rostock
* 3 mal von sexueller Demütigung durch die Polizei im Gewahrsam
* Unterbringung der Gefangenen in Käfigen
* mehr als 9 mal Freiheitsberaubung im Zuge der Massenfestnahme im Wichmannsdorfer Wald.

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