Da klingt es verführerisch, auch die
großen Fragen aus dem 20. Jahrhundert wieder aufzugreifen. Gab es,
jenseits der Einzigartigkeit des Holocaust, gemeinsames in den großen
Massenmorden dieses Jahrhunderts? Lässt sich im 20. und beginnende
21. Jahrhundert eine Tendenz zur Entgrenzung von Gewalt erkennen,
etwa durch Vergleich des Vernichtungskrieges der Wehrmacht mit dem
Gulag-System in der stalinistischen Sowjetunion und den
Atombombenabwürfen auf Hiroshima und Nagasaki? War es geprägt von
totalitären Bewegungen, die durch Gewalt versuchten, Realität an
ihre Ideologie anzupassen? Etwa die faschistischen Bewegungen oder
den Stalinismus und vielleicht noch die Schauprozess-Kampagnen eines
Senator McCarthy? Oder gelte es vielleicht einfach, mit der Suche an
einem Ort, an killing fields in Osteuropa, zu beginnen?
Gehorche dem Staat! Oder was?
Mit all solchen spannenden Fragen hat
der Extremismus-Begriff der deutschen Behörden nichts zu tun. Er
operiert einfach mit der Unterscheidung Staat und Extremismus. Diese
gelten ihr als trennscharf zu unterscheiden, Grauzonen sind nicht
denkbar, schon allein, weil im Zweifel eine gelinde gesagt dubiose,
demokratischer Kontrolle weitestgehend entzogenen Sonderbehörde
namens Verfassungsschutz von oben herab entscheidet. Ein Extremismus
der Mitte ist nicht vorgesehen. Und auch nichts anderes drittes,
viertes oder fünftes. Gesellschaft, Zivilgesellschaft, Markt? Nicht
vorgesehen. Wer oder was nicht Staat ist, ist Extremist_in und
umgekehrt. Ziviler Ungehorsam? Nicht denkbar; was der Staat tut ist
immer gut und richtig. Ein bisschen wie damals in der DDR. Wer nicht
als feindlich-negative-Kraft (so heißen Extremist_innen auf
Ostdeutsch, wie der Samstag dort auch Sonnabend heißt) gelten
möchte, tut gut daran, mit schwarz-rot-goldenen Papierfähnchen
(Ostdeutsch: Winkelemente) der Staatsführung zuzujubeln. Hoch lebe
der Patriotismus.
Die falsche Frage verweigern – dank
der Grünen Jugend und linksjugend solid
So ist der Grünen Jugend zu danken,
dass sie uns allen die Möglichkeit gibt, dieser falschen
Unterscheidung die Zunge rauszustrecken und uns ihr zu verweigern,
indem sich möglichst alle als Linksextremist_innen bekennen.
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